Der 14.
Februar ist Tag der Romantischen Zweierbeziehung. Anlässlich dessen
möchten wir dieses Beziehungskonstrukt infrage stellen.
Vieles
geht ständig schief in den meisten Partnervereinbarungen.
Wahrscheinlich gibt es tausende Mißverständnisse, allein deshalb,
weil wir die sehr engen Kategorien von Intimität und Partnerschaft
so fraglos übernehmen. Dabei muß das nicht so sein. Mensch kann
sich auch bewußt andere Deutungsrahmen setzen, die potentiell die
vielen unbewußten ersetzen können.
Der Versuch der
Beziehungsanarchie in dieser Richtung umzusetzen ist eigentlich ganz
einfach: Die Art und Weise, wie mensch mit FreundInnen umgeht und
über Freundschaftsbeziehungen denkt auch für diejenigen Menschen
anzuwenden, in die mensch verliebt ist. Das heißt ja nicht, die
Gefühle zu verneinen, sondern die Art darüber zu denken zu ändern.
Wie gehen wir mit FreundInnen um?
Gute
FreundInnen werden nicht eifersüchtig, weil du andere FreundInnen
hast. Mit anderen Menschen Nähe zu erleben bedeutet, daß es dir gut
damit geht. Gute FreundInnen finden es nicht eigenartig oder falsch,
daß du mit verschiedenen FreundInnen verschiedene Umgangsformen
hast. Im Gegenteil sorgt das für mehr Abwechslung, und für ein
längeres Halten der Freundschaften. Gute FreundInnen wissen, daß
sich Beziehungen mit der Zeit andern, stärker werden oder an
Bedeutung verlieren. Gute FreundInnen hören nicht auf, deine
FreundInnen zu sein, weil sie nicht deine besten FreundInnen sind.
Schon weil alle Menschen verschieden sind, hat es keinen Sinn, danach
zu sortieren, wer einem am nächsten steht. Gute FreundInnen freuen sich,
wenn du interessante Dinge mit anderen Menschen erlebst.
Im
Gegensatz zur heteronormativen Paarbeziehung, die zum Normalzustand
gemacht wird – mensch hockt die ganze Zeit aufeinander und macht
alles zusammen – entscheidet mensch sich jedesmal aufs Neue
füreinander. Anstelle der „ganz-oder-gar-nicht“-Logik des
Zusammenseins oder Schlußmachens entscheidet mensch sich in kleinen
Portionen
für oder
gegeneinander. Es gibt viel weniger Gründe, eifersüchtig zu werden.
Wenn der Umgang miteinander mal anstrengend ist, macht mensch etwas
anderes – genau wie mit guten FreundInnen. Mensch opfert sich nicht
auf und hört auf, sich gegen Dinge zu entscheiden, die mensch
eigentlich mag, nur „um der Beziehungs willen“. Mensch nimmt die
Beziehung als solche nicht als gegeben hin. Niemensch hat
irgendwelche „Rechte“ oder „Pflichten“. Mensch begegnet
einander stets respektvoll.
Wer darauf
Lust hat, kann es ja mal versuchen. Aber vorsicht: ganz so einfach
ist es dann doch
nicht!
Natürlich ist es leicht, wieder in die gewohnten Muster
zurückzufallen, zumal die neuen
Bewertungskategorien
jedesmal bewußt gemacht werden müssen. Ein paar
Wegweiser:
• Gib
nicht um zu Bekommen. Das gilt zum Beispiel für Bekräftigungen, die
oft nur der erhofften
Gegenreaktion
wegen gegeben werden. Das macht es nur leicht, enttäuscht zu werden.
• Wenn
du das Gefühl hast, zu wenig zu bekommen, oder weniger als du gibst,
ist es keine gute
Lösung,
Aufmerksamkeit einzufordern. Dann weißt du noch weniger als vorher,
ob es nun „echt“ ist oder nicht.
• Gehe
davon aus, daß die Beziehung in Ordnung ist. Suche nicht ständig
nach Bekräftigung deiner
(„besonderen“)
Position.
• Akzeptiere,
daß sich Beziehungen verändern können. Die Alternative wäre,
gemeinsamen Umgang einzufordern. Wenn es soweit kommt, hast du keine
Chance mehr zu erkennen, wann dir
Liebe
freiwillig gegeben wird. Und was hat mensch schon von einer
unfreiwilligen Liebe ?
- Nimm es positiv wahr, wenn jemensch sich für dich entscheidet
Im Grunde
steht die Idee der Beziehungsanarchie nicht per se im Widerspruch zu
Paarbeziehung. Vielmehr erweitert sie deren enge Kategorien sehr
drastisch, so daß die scheinbar so „natürlichen“
heteronormativen Paarbeziehungen darin nur ein kleiner Spezialfall
sind.
(Wird davon ausgegangen, dass Beziehungen grundsätzlich dazu dienen, Bedürfnisse zu befriedigen; also uns glücklich zu machen, ist die logische Konsequenz dass mehrere unterschiedliche Beziehungen eher zu gegenseitiger Bedürfnisbefriedigung führen als projizierte mensch alle Wünsche auf eine einzige Person.)
Das macht die Sache auf eine Art leicht: mensch kann langsam und
Schritt für Schritt einzelne Kategorien aufweichen und hinterfragen,
und muß nicht gleich alles auf einmal über Bord werfen, was immer
wieder von den Eltern, der Umgebung, Romanen und Werbetafeln
eingetrichtert wird.
Auf der
ersten Stufe stehenzubleiben wäre dann aber auch schade:
Beziehungsanarchie ist eben mehr, als nur „über alles reden“.
Beziehungsanarchie heißt nämlich auch: Alles verhandelbar machen.
Es heißt, sich mit Respekt und wo nötig auch mit Abstand zu
begegnen und sich gegenseitig Freiräume zu geben. Denn nur dann ist
wertvolle Nähe uberhaupt möglich. Es ist wichtig, verschließbare
Zimmertüren zu haben, selbst dann, wenn mensch sie immerzu
sperrangelweit offen läßt. Denn: Nur dann geht das überhaupt.
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