Samstag, 19. Januar 2013

Valentinstag entzaubern!

Der 14. Februar ist Tag der Romantischen Zweierbeziehung. Anlässlich dessen möchten wir dieses Beziehungskonstrukt infrage stellen.

Vieles geht ständig schief in den meisten Partnervereinbarungen. Wahrscheinlich gibt es tausende Mißverständnisse, allein deshalb, weil wir die sehr engen Kategorien von Intimität und Partnerschaft so fraglos übernehmen. Dabei muß das nicht so sein. Mensch kann sich auch bewußt andere Deutungsrahmen setzen, die potentiell die vielen unbewußten ersetzen können.
Der Versuch der Beziehungsanarchie in dieser Richtung umzusetzen ist eigentlich ganz einfach: Die Art und Weise, wie mensch mit FreundInnen umgeht und über Freundschaftsbeziehungen denkt auch für diejenigen Menschen anzuwenden, in die mensch verliebt ist. Das heißt ja nicht, die Gefühle zu verneinen, sondern die Art darüber zu denken zu ändern. Wie gehen wir mit FreundInnen um?
Gute FreundInnen werden nicht eifersüchtig, weil du andere FreundInnen hast. Mit anderen Menschen Nähe zu erleben bedeutet, daß es dir gut damit geht. Gute FreundInnen finden es nicht eigenartig oder falsch, daß du mit verschiedenen FreundInnen verschiedene Umgangsformen hast. Im Gegenteil sorgt das für mehr Abwechslung, und für ein längeres Halten der Freundschaften. Gute FreundInnen wissen, daß sich Beziehungen mit der Zeit andern, stärker werden oder an Bedeutung verlieren. Gute FreundInnen hören nicht auf, deine FreundInnen zu sein, weil sie nicht deine besten FreundInnen sind. Schon weil alle Menschen verschieden sind, hat es keinen Sinn, danach zu sortieren, wer einem am nächsten steht. Gute FreundInnen freuen sich, wenn du interessante Dinge mit anderen Menschen erlebst.
Im Gegensatz zur heteronormativen Paarbeziehung, die zum Normalzustand gemacht wird – mensch hockt die ganze Zeit aufeinander und macht alles zusammen – entscheidet mensch sich jedesmal aufs Neue füreinander. Anstelle der „ganz-oder-gar-nicht“-Logik des Zusammenseins oder Schlußmachens entscheidet mensch sich in kleinen Portionen
für oder gegeneinander. Es gibt viel weniger Gründe, eifersüchtig zu werden. Wenn der Umgang miteinander mal anstrengend ist, macht mensch etwas anderes – genau wie mit guten FreundInnen. Mensch opfert sich nicht auf und hört auf, sich gegen Dinge zu entscheiden, die mensch eigentlich mag, nur „um der Beziehungs willen“. Mensch nimmt die Beziehung als solche nicht als gegeben hin. Niemensch hat irgendwelche „Rechte“ oder „Pflichten“. Mensch begegnet einander stets respektvoll.
Wer darauf Lust hat, kann es ja mal versuchen. Aber vorsicht: ganz so einfach ist es dann doch
nicht! Natürlich ist es leicht, wieder in die gewohnten Muster zurückzufallen, zumal die neuen
Bewertungskategorien jedesmal bewußt gemacht werden müssen. Ein paar
Wegweiser:
Gib nicht um zu Bekommen. Das gilt zum Beispiel für Bekräftigungen, die oft nur der erhofften
Gegenreaktion wegen gegeben werden. Das macht es nur leicht, enttäuscht zu werden.
Wenn du das Gefühl hast, zu wenig zu bekommen, oder weniger als du gibst, ist es keine gute
Lösung, Aufmerksamkeit einzufordern. Dann weißt du noch weniger als vorher, ob es nun „echt“ ist oder nicht.
Gehe davon aus, daß die Beziehung in Ordnung ist. Suche nicht ständig nach Bekräftigung deiner
(„besonderen“) Position.
Akzeptiere, daß sich Beziehungen verändern können. Die Alternative wäre, gemeinsamen Umgang einzufordern. Wenn es soweit kommt, hast du keine Chance mehr zu erkennen, wann dir
Liebe freiwillig gegeben wird. Und was hat mensch schon von einer unfreiwilligen Liebe ? 
  • Nimm es positiv wahr, wenn jemensch sich für dich entscheidet 

Im Grunde steht die Idee der Beziehungsanarchie nicht per se im Widerspruch zu Paarbeziehung. Vielmehr erweitert sie deren enge Kategorien sehr drastisch, so daß die scheinbar so „natürlichen“ heteronormativen Paarbeziehungen darin nur ein kleiner Spezialfall sind. 
(Wird davon ausgegangen, dass Beziehungen grundsätzlich dazu dienen, Bedürfnisse zu befriedigen; also uns glücklich zu machen, ist die logische Konsequenz dass mehrere unterschiedliche Beziehungen eher zu gegenseitiger Bedürfnisbefriedigung führen als projizierte mensch alle Wünsche auf eine einzige Person.)
 Das macht die Sache auf eine Art leicht: mensch kann langsam und Schritt für Schritt einzelne Kategorien aufweichen und hinterfragen, und muß nicht gleich alles auf einmal über Bord werfen, was immer wieder von den Eltern, der Umgebung, Romanen und Werbetafeln eingetrichtert wird.
Auf der ersten Stufe stehenzubleiben wäre dann aber auch schade: Beziehungsanarchie ist eben mehr, als nur „über alles reden“. Beziehungsanarchie heißt nämlich auch: Alles verhandelbar machen. Es heißt, sich mit Respekt und wo nötig auch mit Abstand zu begegnen und sich gegenseitig Freiräume zu geben. Denn nur dann ist wertvolle Nähe uberhaupt möglich. Es ist wichtig, verschließbare Zimmertüren zu haben, selbst dann, wenn mensch sie immerzu sperrangelweit offen läßt. Denn: Nur dann geht das überhaupt.

Um das idealisierte Modell der romantischen Zweierbeziehung (RZB) zu entzaubern werden wir am 14.2.13 in Aktion treten. 

Offenes Vorbereitungstreffen am 10.02.2013 um 15:00 in die KTS

Vorher queerfeministischer Brunch ab 11:00




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